Vietnam - Die alte Dame vom Wasserberg

Vietnam - Die alte Dame vom Wasserberg

Ich kann mich noch genau erinnern: Es war meine erste Vietnam – Reise mit Djoser und das erste mal, dass ich den Wasserberg bestiegen habe. Dieser ist einer der fünf Marmorberge in der Nähe von Danang / Vietnam, der nach den fünf Elementen benannt wurde: Erde, Feuer, Wasser, Holz und Metall.
Damals habe ich noch geraucht und die Treppen rauf zum ersten Tempel wollten kein Ende nehmen. Eine alte Frau hatte wohl Mitleid und reichte mir beim Bezwingen der letzten Stufe die Hand. Sie hatte geschwärzte und gefeilte Zähne, so wie es früher Brauch war und sie kaute Betel. Sie hatte ein ganz wunderbares Lächeln, das man nur bei alten Leuten findet.
Dann sagte sie zu mir, dass sie auf mich gewartet hätte. Ich erwiderte, dass ich sie doch gar nicht kenne, doch sie lächelte bloß geheimnisvoll. Und schon waren wir in der ersten Höhle hinter dem Tempel. Diese lag versteckt und ich hätte sie niemals gesehen. Nun reichte mir die alte Dame Räucherstäbchen und wies auf den ersten Buddha.

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Gehorsam brannte ich drei Räucherstäbchen an und steckte sie in den dazu vorgesehenen Behälter. Ich sollte die Hände falten und dreimal zum Kopf führen. Dann kletterte sie hinter den Buddha und bedeutete mir, ich solle ihr folgen. Da entdeckte ich den liegenden Buddha, der recht alt zu sein schien. Langsam fand ich die Sache interessant! Dann gingen wir in die Höhle neben an. Dort stand ein Altar der Cham, einem Volk, dass wohl bereits seit dem 2. Jahrhundert hier lebt. Ihr Königreich ist allerdings im 17.Jh. untergegangen. Die alte Dame fragte mich ob ich den Geist der Höhle sehen könne. Sie war mir dann behilflich, indem sie mit ihrer Taschenlampe die Umrisse einer Schildkröte ganz hinten an der Wand nachzeichnete. Da war sie! Auch hier brannte ich drei Räucherstäbchen an und verneigte mich brav.

In der dritten Höhle begegnete uns der Buddha, der, wie mir gesagte wurde, vergibt, wenn man zu ihm betet. Mir fiel gerade nichts ein und so brannte ich nur Räucherwerk ab.

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Obwohl ich nicht gläubig war, ging ich doch weiter die Marmortreppen zum Gipfel des Berges hinauf, bemüht, den Anschluss zum alten Mütterchen nicht zu verlieren. Dann kamen wir zur größten Höhle. Am Eingang stand eine Madonna. Doch meine Führerin klärte mich auf, dass dies Quan Am sei, die Boddhisattva des Mitgefühls. Sie versorgte ein Baby von einer anderen Frau indem sie betteln ging. Das Kind überlebte, doch sie verhungerte. So jedenfalls eine der Legenden um Quan Am. In mir rührte sich etwas und ich verneigte mich sehr gerne vor ihr - mit Räucherstäbchen in der Hand. Seither ist sie meine Lieblings-Boddhisattva.

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Dann waren wir in der riesigen Höhle mit einem sehr schönen, meditierenden Buddha hoch über uns. Hier brannte ich meine letzten Räucherstäbchen an. Dann fragte mich die alte Dame, ob ich an einem Körperteil Schmerzen hätte. Tatsächlich hatte ich Schmerzen an einem Bein. Sie führte mich zu einer versteckten Nische in einer Ecke der Höhle.

Dort zeigte sie mir wie ich meine Hand in die kleine Höhle stecken sollte und ich spürte wie Wassertropfen meine hohle Hand füllten. Mit diesem heiligen Wasser von der Brust der Göttin des Berges habe ich dann meinen schmerzenden Körperteil benetzt.

Noch heute, nach etwa 15 Jahren, empfängt die alte Dame Pilger und nimmt sie an die Hand. Ich weiß nicht mehr, ob mir das heilige Wasser geholfen hat. Aber damals dachte ich wirklich, dass die alte Dame, die sich dem Berg verschrieben hatte, auf mich gewartet hatte - auf mich gewartet, um etwas Schlechtes, das mir bevor stand, abzuwenden.

Wenn wir heute unterwegs an den Marmor Bergen einen Stopp einlegen, lässt sich manch einer von meinen Gästen von der alten Dame an der Hand nehmen um die Buddhas, Geister und Göttinnen zu ehren. Und wenn jemandem etwas weh tut, dann führe ich ihn zur Brust der Göttin des Berges…

Silko Schmidt

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