Bolivien & Peru: Menschen - Landschaften - Geschichte

Bolivien & Peru: Menschen - Landschaften - Geschichte

Ein Eselsohr im Reisekatalog bedeutet, dass ich diese Reise gerne mal machen möchte. Und die erste Seite mit dem Ohr, die ich aufschlug, nachdem die Äthiopien Reise abgesagt wurde, war die Bolivien & Peru Tour. Nun wurde auf die Schnelle umgebucht. Als ich mir dann im Atlas die Reiseroute anschaute, musste ich feststellen, dass die Orte meist über 3.000 m Höhe liegen, na ja!
 

Von Hamburg nach Frankfurt mit dem Zug. Der Flieger von dort nach Madrid war pünktlich. Und erstaunlich war, dass das viele Handgepäck der Bolivianer in dem Flieger nach Santa Cruz verstaut werden konnte. Es ist die größte Stadt Boliviens und es war am Morgen angenehm warm. Unser Hotel lag gleich am palmengesäumten Platz des 24. September und die wenigen interessanten Gebäude lagen rundherum. Das gemeinsame Abendessen sollte während der Reise eine liebe Gewohnheit werden.
 

Wieder zum Flughafen und über das bolivianische Bergland nach Sucre, Hauptstadt von Bolivien. Und die liegt schon mal auf 2.400 m Höhe. Von ganz alleine wurde mein Gang langsamer. Mit seinen wunderschönen weißen Kolonialbauten, den gepflegten Plazas und Parks ist Sucre die schönste und am besten erhaltene Kolonialstadt. Eigentlich hatte ich nach einem Museum gesucht, landete aber in der großen Markthalle mit all ihrer bunten Vielfalt.
 

Am Nachmittag gingen wir langsam bergan zum Kloster La Recoleta. Das Chorgestühl war das imposanteste. Mein erster Kokatee brachte mir sehr niedrigen Blutdruck. Da samstags sehr viele Hochzeiten stattfinden, konnte man auch einen Blick in die Kirchen mit ihren prunkvollen Altären werfen.

Jeden Sonntag wird in Tarabuco ein großer Markt abgehalten, zu dem die Menschen aus der Umgebung zum Ver- und Einkaufen und zum Vergnügen kommen. Sie tragen ihre traditionelle, farbenprächtige Kleidung. Nach so vielen Eindrücken und der Hitze aßen wir erst einmal eine Suppe in einem urigen Lokal.

Unsere Fahrt ging durch die andine Bergwelt mit schroffen Felsen, kleinen Gehöften und Dörfern. Einen tollen Picknickplatz fanden wir auf dem Platz vor der Kirche in einem kleinen Ort. Mit etwas verhangenem Himmel empfing uns die Silberstadt Potosí mit dem „reichen Hügel” Cerro Rico. Vier Jahrhunderte lang wurde dort Silber abgebaut und nach Spanien verschickt. Auf über 4.000 m sind die Nächte kalt und die Höhenkrankheitspillen hilfreich.


 

Zum Minenbesuch fuhren wir zunächst auf den Bergarbeitermarkt. Ich kaufte als Gastgeschenk zwei Stangen Dynamit und eine Tüte Kokablätter. Wir wurden mit Hose, Jacke, Helm und Lampe eingekleidet, was natürlich für Gelächter sorgte. Jeder Clan hat vor seinem Stollen eine Behausung und in Handarbeit trotzen sie dem Berg Zinn- und Zinkerz ab. Nachdem die Männer die Lore in den Stollen geschoben hatten, folgten wir, oft gebückt. Löcher mit ca. 1,5 m Durchmesser waren die Zugänge für untere oder obere Level. In einer Nische war die Figur des Berggottes oder Patchamama, der für erfolgreiche Funde geopfert wird. Unterhalb der Abraumstelle konnte ich dann mein Dynamit loswerden. Von dem lange vergangenen Wohlstand der Stadt zeugen viele herrschaftliche, koloniale Häuser und mehr als 36 barocke Kirchen, deren Pracht leider verfällt. Das Gebäude des Münzmuseums ist schon von außen beeindruckend und auch die alten Prägemaschinen und deren Entwicklung.
 

Weiter ging unsere Fahrt durch das Steppengebiet des Altiplano und unsere Freude war groß, als wir die ersten Lamaherden sahen. Auch einige wild lebende Vicuñas waren unterwegs. Ihre Wolle soll wertvoller sein als Kaschmir. Die Landschaft war wüstenhaft trocken und ging über in die 150 km lange Salzebene von Uyuni. Die Stadt war mal ein Knotenpunkt für den Erzabbau, aber jetzt ist sie einfach nur noch trist.
 

Pünktlich holten uns sechs Jeeps am nächsten Morgen zu der Fahrt über den Salzsee ab. Ursprünglich gehörte der See zum großen Anden-Binnenmeer, das austrocknete bis eine bis zu 40 m dicke Schicht Salz übrig blieb. Meine Begeisterung für Rost überstürzte sich, als wir zunächst an dem Lokomotiv-Friedhof hielten. 80 km fuhren wir über den See mit einem Halt an einer Stelle, wo das Salz in Blöcken abgebaut wird. Unser Ziel war die kleine vulkanische Insel Incahuasi, wo zahlreiche Kakteen in den tiefblauen Himmel ragen. Der beschwerliche Weg hinauf wurde durch den weiten Blick über die riesige weiße Fläche belohnt, die in weiter Ferne von Bergen begrenzt ist. Durch Schirme vor der gleißenden Sonne geschützt, hatten wir ein tolles Mittagessen am Fuße der Insel. Mit dem Bummel durch den Ort und über einen großen Markt auf der Hauptstraße verbrachte ich die Zeit bis Mitternacht, als wir zum Zug gebracht wurden.
 

Der Zug war geheizt und nicht unbequem. Wir stiegen in Oruro um in einen Bus, der uns nach La Paz brachte. Die Stadt liegt in dem tief eingeschnittenen Tal des Rio Choqueyapu und in der Ferne leuchten die schneebedeckten Sechstausender auf. Die Bebauung zieht sich die Hänge hinauf. Wieder lag unser Hotel sehr zentral. Aber wie wir feststellten, war die Besichtigungstour zu Fuß ein anstrengendes Vergnügen durch die extreme Höhe und die steilen Straßen. Die Calle Jaen ist die schönste Straße im spanischen Teil der Stadt. Man geht über das Kopfsteinpflaster an altehrwürdigen Häusern aus dem 18. Jahrhundert vorbei. In einem der Gebäude hat der Freiheitskämpfer Murillo in einem Verschwörungszimmer die Rebellion 1809 gegen die Spanier ausgearbeitet. Auf der Plaza de Murillo, wo er hingerichtet wurde und sein Denkmal steht, kamen wir gerade rechtzeitig zum Fahnenappell. Wie waren wir überrascht, als in dem Lokal, in dem wir aßen, eine Musikgruppe aufspielte und nach einiger Zeit auch eine Tanzgruppe in verschiedenen Kostümen lebhafte Tänze aufführte.

 

Damit uns der anstrengende Aufstieg erspart blieb, wurden wir am nächsten Tag zu der Markttour schon mal etwas bergan gefahren. Wir starteten in der Straße für Karnevalskostüme. Ein Geschäft neben dem anderen bot Verkleidung für Mythengestalten, Traditionsgewänder, tragbare Stierfiguren und vor allem Phantasiekostüme, glitzernd und über und über mit Pailletten bestickt, an. Der Möbelmarkt war weniger bunt, aber dafür wieder der Markt für den täglichen Bedarf an Obst, Fisch, Gemüse und Haushaltswaren. Nach einer Pause im Hotel wollten wir Seilbahn fahren und dazu mussten wir wieder bergauf. Wir wurden aber abgelenkt, weil wir an dem Hexenmarkt vorbei kamen. Hier werden geheimnisvolle Pülverchen, Kräuter gegen böse Geister sowie Krankheiten und für persönliches Glück verkauft.

Für 0,45 € schwebten wir mit der roten Seilbahn bei Regen hoch hinauf und hatten einen weiten Blick über die Stadt. Simones (unsere Reisebegleiterin) Verhandlungsgeschick hatten wir es zu verdanken, dass wir mit einem Minibus zur nächsten Bergstation kamen, ohne sehr nass zu werden. Hochzeitspaare nutzen die Aussicht für ihre Fotos.
 

Zwei von der Gruppe hatten am nächsten Tag die Tour per Mountainbike die Todesstraße hinunter gebucht und andere den Trip auf den 5.300 m hohen Chacaltaya. Ich habe mich mit einer Canyon Tour begnügt und die war ganz erholsam, da Steinformationen mich ja immer begeistern. Wir kamen zur Rushhour zurück in die Stadt, wo wir uns mit vollgestopften Bussen und PKWs, die um die Wette hupten, dazwischen streunende Hunde, durchquälten.

Unser Busfahrer nahm wohl am nächsten Morgen einen Schleichweg steil bergan, um aus der Stadt zu kommen. Dass ein heiliger Tempel mitten in der Ebene liegt schien mir sehr ungewöhnlich. Tuwanaku ist auch ein Mysterium und ist die wichtigste prähispanische Stätte Boliviens. Diese Kultur entstand lange vor den Inka und die Bauwerke sind meist nach dem Sonneneinfall ausgerichtet. Unsere Fahrt ging weiter nach Puerto Perez, ein kleines Fischerdorf am Titicacasee. Unser Hotel lag direkt am See. Im Abendlicht zeichneten sich die Schneeberge deutlich ab. Der Sonnenuntergang war nicht so farbenprächtig.

 

Wir hatten ein kleines Übernachtungsgepäck gepackt, weil wir die nächste Nacht auf der Isla del Sol verbringen wollten. In einem Hotel in Copacabana stellten wir die Koffer ab und stiegen dann auf das Schiffchen. Tiefblaues Wasser und gebirgige Ufer. Die Insel ist laut Überlieferung der Inka der Geburtsort der Sonne. Nach einem kleinen Anstieg hatten wir das erste Gästehaus erreicht und da gab es erstmals Tee und Suppe. Schritt für Schritt, ganz langsam machte ich mich dann an den Aufstieg zu dem anderen Hotel. Die Mühsal hat sich schon wegen des weiten Blicks, auch vom Bett aus über den See, gelohnt. Kurz vor Sonnenuntergang strebten Esel, Schafe und Ziegen ihrem heimischen Stall entgegen und dann wurde es ziemlich kalt. Mit der Taschenlampe fanden wir unseren Weg zurück vom Restaurant zum Hotel.
 

Der Abstieg wieder zum Schiff am nächsten Tag war für mich etwas schwieriger. Copacabana ist ein Wallfahrtsort wegen des Bildnisses der schwarzen Madonna.
 

Minibusse brachten uns zur Grenze nach Peru. Mit Geduld wurde auch das von allen gemeistert. Die Fahrt ging am Ufer des Titicacasees entlang, vorbei an Fischfarmen. Einen Stopp machten wir noch an einer Kirche. Bald vor Puno fing es heftig an zu regnen. Unser Hotel lag wieder nur ein paar Schritte vom Hauptplatz entfernt.
 

Von einem vielfältigen Buffet genossen wir das Frühstück. Mit einem Schiffchen fuhren wir zu den schwimmenden Inseln der Uros. Dieses Volk hatten die Inka nie unterworfen. Die Inseln bestehen aus dicken Schilfschichten, die kontinuierlich gepflegt werden müssen. Es werden die alten Traditionen aufrechterhalten, damit sie für die Nachwelt bedeutsam bleiben. Am besten hat mir gefallen, dass man seinen Teil der Insel einfach abtrennen kann und irgendwo anders andockt.
 

In der Kirche wurde wohl ein Feiertag besonders begangen. Es waren viele festlich oder traditionell gekleidete Menschen zusammengekommen. Am Abend konnte ich mich nicht überwinden, ein Meerschweinchen zu essen.


Die Fahrt am nächsten Tag von Puno nach Cusco führte zunächst durch bewirtschaftetes Agrarland, wurde dann aber immer gebirgiger. Wir erreichten den Pass auf 4.200 m Höhe, also der höchste Punkt unserer Reise. Am Fuße des Vulkans Quinsachata liegen die Ruinen von Raqchi. Die Reste des Inka Tempels der Gottheit Huiracocha ähneln einem römischen Viadukt. In Andahuaylillas besichtigten wir die freskengeschmückte Kirche aus dem frühen 17. Jahrhundert. Von außen eher unscheinbar, konnte man über die gut erhaltenen Wandmalereien, den wunderschönen Dachstuhl und den üppigen Goldaltar nur staunen.


Cusco, für die Inka der Nabel der Welt, ist zwischen grünen Hügeln eingebettet. Berühmte Inka-Bauten, grandiose Kirchen und prachtvolle Kolonialbauten schmücken das Stadtbild. Im Norden der Stadt besichtigten wir die religiöse Kultstätte Sacsayhuaman der Inka. Die Mauern wurden aus passgerechten Felsblöcken millimetergenau zusammengefügt. Inmitten stark zerklüfteter Felsen liegt das Naturheiligtum der Pachamama. Es gibt schlangenförmige Opferrinnen, in die Trank- oder Blutopfer gegossen wurden, und ununterbrochen plätschern die Quellen. Im großen Labyrinth von Qocha gibt es vielgestaltige, monolithische Steinblöcke und Nischen für Mumien.

 

Wieder in der Stadt besichtigten wir den Sonnentempel, auf dessen Grundmauern ein Kloster errichtet wurde. Mit den Quadern der Inka-Gebäude wurden viele Kirchen gebaut, die nicht unbedingt jedem Erdbeben standhielten, jedoch die Grundmauern der Inka. An der Plaza de Armas, wo die Kathedrale steht, endete unser Ausflug. Wir fanden ein kleines, altes Künstlerkaffee, wo der Kakao köstlich schmeckte. In einer der Inka-Grundmauern war ein Stein mit zwölf Ecken passgenau, ganz ohne Mörtel eingefügt. Durch die Gässchen kamen wir zur Kirche des Heiligen Franziskus, ein eher schlichtes Bauwerk. Am Abend hatte Simone ein schönes Lokal ausgewählt. Auf dem Tisch standen schon die Zutaten für einen Pisco Sour und es wurde eifrig gemixt.
 

Am nächsten Morgen musste schon um 6 Uhr gefrühstückt werden, denn wir wurden zum Bahnhof nach Poroy gefahren, wieder mit Gepäck für eine Nacht. Von viel Personal begleitet, stiegen wir in den Panorama Zug, der bald im Flusstal des Urubamba immer weiter hinab in das tropisch üppige Grün des Bergregenwaldes eintauchte. Die Stromschnellen und die großen Felsblöcke erfreuten mich. Und das war auch so in Aguas Calientes, wo man eigentlich nur den Menschen und dem tosenden Wasser zusehen könnte.
 

Um 6 Uhr am nächsten Morgen stiegen wir in den Bus, der uns hinauf zu der geheimnisvollen Inkastadt Machu Picchu brachte. Da der Berg noch in den Wolken lag, zogen wir die Regencapes über. Erbaut wurde die Stadt einer Theorie zufolge um 1450 auf Befehl des Inka-Herrschers Pachacútec Yupanqui als eine königlich-religiöse Zufluchtsstätte der Inka. Die steinernen Bauten sind auf Terrassen gelegen und mit einem System von Treppen verbunden. Die Wasserversorgung mit der Kanalverbindung von der außerhalb der Stadtanlage befindlichen Wasserquelle zu den kaskadenförmig gestaffelten Brunnenbecken ist noch voll funktionsfähig sowie eine aufwendige Regenwasserableitungsstruktur. Die Außenmauern der Tempel und die zum Teil mehrgeschossigen Wohnbauten sind passgenau zusammengefügt. Landwirtschaftlich genutzte Terrassen liegen am Fuße des „alten Gipfels“. Der Tempel des Kondors und der Sonnenstein, wo Astronomen den Beginn der Regenzeit und damit den Beginn der Aussaat bestimmten, war beeindruckend sowie der Blick über die gesamte Anlage mit dem Huayana Picchu im Hintergrund, der von einem unser Mitreisenden erstiegen wurde. Über einen steil bergan führenden, steinigen Pfad erreichte ich das Sonnentor, wo die Lamas meine Bananen fraßen. Wieder im Tal, aßen wir auf dem Markt und der Zug brachte uns zurück nach Sucre.
 

Am nächsten Tag schlenderte ich durch die Straßen mit den schönen Häusern, besichtigte das eindrucksvolle Kloster des Heiligen Franziskus und verbrachte viel Zeit in der lebhaften Markthalle.

Am nächsten Morgen hatte ich noch Glück, dass die Kathedrale für den Gottesdienst geöffnet war und ich den Prunk bewundern konnte. Mittags flogen wir nach Lima. Damit wir noch etwas von der Stadt sehen konnten, nahmen wir sofort ein Taxi und fuhren zur Plaza Mayor. Obwohl die Innenstadt wegen Demonstrationen gesperrt war, konnten wir wenigsten die Kathedrale, den Palacio Arzobispal mit seinen Holzerkern, den alten Bahnhof, die Kirche des Heiligen Francisco und den Präsidentenpalast von außen bewundern. Es war ein schöner Abschluss noch im ältesten Café von Lima zu sitzen.


Heimflüge sind ein notwendiges Übel.


Ingrid Hagewald

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